www.24hlauf.de oder Okeee, ich komme doch nach Rodgau

Was gibt es schöneres, als über 24 Stunden auf einem Sportplatz rumzuhängen und Runde um Runde zu rennen und dabei nicht mal die Aussicht auf Gewinn zu haben? Viel.
Und doch wieder: nichts bis wenig.

Der 24 Stunden Lauf in Rodgau-Dudenhofen steht unter dem Motto “Gemeinsam mit Behinderten” und ist ein Spendenlauf. Gestartet wird in Teams zu 10 Läufern – das ganze als Staffel. Jede Mannschaft macht sich einen eigenen Plan: ob nun die Übergabe des Staffelstabs nach einer, zwei oder mehr Runden geschieht? Persönliche Strategie der Gruppe.

Seit dem Frühjahr plante die Facebook-Gruppe “2014 – bewegt!” by Judith eine Teilnahme am 24-Stunden-Lauf in Rodgau. Für mich war klar, das ich zu diesem Termin nicht können würde, da ja mein Halbmarathon-Debut für den 21.09. geplant war. Eine Woche vorher so eine Belastung – viel laufen, wenig schlafen, lange Anreise? Zu viel für mich.

Aber wie so oft im Leben: es kam anderes als geplant.

Pünktlich zur Phase des “Kilometer machens” in Vorbereitung auf die lange Strecke wurde ich krank. Mit Fieber, Hals- und Kopfweh… so eine richtig nette Sommergrippe. Über zwei Wochen hat sich dieses Mistvieh bei mir eingenistet. Meine Laune? Am Boden bis unterirdisch.

Manno, jetzt hab ich knapp ein Jahr auf diesen Lauf hingearbeitet und werde in der Haupttrainingsphase einfach so ausgebremst. Ja, ich weiß – ich hab in den letzten elf Monaten schon ganz schön viel geschafft. Dennoch kann ich mich von der Enttäuschung nicht frei machen. Ich bin und werde niemals eine Leistungssportlerin. Laufen, weil mir die Bewegung an sich gut tut werde ich weiterhin. Ebenso werde ich mich selber an mir messen. Ich will trotz des Labels “Turtlerunner” ein bisschen schneller werden, geschmeidiger und lockerer Laufen. Dazu brauch ich diese offiziellen Veranstaltungen. Auch, um anderen zu zeigen: auch langsam gehts durchs Ziel. Du musst dich nur trauen!

Eine Woche vor dem Rodgau-Termin suchte eine sehr sportliche, vegane Laufgruppe einen Ersatz für ihr Team. Ich überlegte. Fragte meine Trainerin. Und sagte ab. Stundenlang einzelne Runden am Anschlag kurz nach einer Erkrankung wäre wohl für meine Gelenke nicht das beste. Betrübt sagte ich ab. Denn Lust auf diese Veranstaltung hatte ich. Große sogar!

Freitag, 12.09. gegen 10:00h Nachricht via Facebook-Chat “Du, wir haben noch mehr Ausfall in unserem Turtlerunner-Team, magst du nicht doch? Jede Runde die du schaffst, bringt uns weiter!”

Ahhh! Verflixt! Da ist sie wieder die Versuchung!

Man gut, das ich den Lauf, der laut Plan für diesen Tag dran war, noch vor mir hatte. Im Kopf ratterte es: den Lauf von heute kann ich morgen gleich nach der Ankunft machen… Sonntag steht eh auch einer auf dem Plan … Morgen ist Regatta für beide Hühner, das eine Huhn hat vorher noch Spielefest an der neuen Schule… wie komme ich nach Rodgau und wieder zurück? Wie schaffe ich es, zu schlafen? Wie kann ich mich zurückhalten und wirklich nur zwei mal eine Stunde laufen?

Kurz mit dem Gatten telefoniert und gemeinsam beschlossen: ich machs! Ahhh! Wie so ein Grinsefrosch rannte ich den ganzen Tag durch die Gegend.

Einen Zug konnte ich erst Buchen, nachdem ich das Huhn vom Spielefest zur Regatta brachte – und war dann so gegen 17:00 h in Rodgau. Wo mich Judith, Sören und Sandra schon am Gleis erwarteten. Kurzer Stopp zum einkaufen – und schon waren wir auf dem Platz. Es wimmelte vor Menschen, aber noch mehr beeindruckten mich die Jungs und Mädels auf der Bahn. Einige flogen quasi über die Asche!

Nachdem ich mein Gepäck im Schlafzelt ablegte und mich umzog, ging es zum Basislager….

basislager
copyright by Judith Riemer

… lustigerweise war mir bisher eher zu warm als zu kalt. Weshalb sind die alle so eingemummelt? Wettertechnisch hatten wir echt Glück: es war bedeckt, nicht zu kalt, leichter Wind – und schon gar nicht zu warm. Nachts war es irgendwie wärmer als am Nachmittag zuvor. Das Herausklettern aus dem Schlafsack tat gar nicht so weh wie befürchtet. Die Sonne zeigte sich erst am Sonntag gegen elf.

Nun hieß es warten, bis der aktuelle Läufer unseres Teams seinen Part beendete. Denn in unserm Turtlerunner Team lief jeder, solange und so schnell, wie es ihm gut dabei ging.

Gegen 19:00h war es dann so weit… nochmal die Schuhe nachschnüren und los gehts! Natürlich wie immer erst mal zu schnell. Aber es war doch so spannend! Rund um den Rasen standen die Lager der einzelnen Teams (es müssen so an die 50 gewesen sein) – überall saßen, standen und liefen andere Menschen. Auf der einen Seite des Platzes war eine große Bühne mit Band, ein Moderatorenzelt (von wo aus die aktuellen Spenden durchgesagt wurden) und die “Fanmeile”. So langsam wurde es dunkel. Meine Stunde war rum. Ich wäre gerne mehr gelaufen, allerdings wollte ich nicht noch unvernünftiger sein, als ich es eh schon war.

Jemand aus dem veganem Nachbarteam brachte lecker Essen vom Thai – herrlich! Für mich gerade richtig nach einem Lauf. Alles, was mit Linsen und Bohnen zubereitet wird, ist meins. So saßen wir bei schummriger Beleuchtung (trotz Flutlicht umme Ecke) und plauderten. Denn die wenigsten von uns kannten sich vorher in echt. Trotz der wenigen Dinge, die wir vorher voneinander wussten, war es eine heimelige und familiäre Runde. Nach und nach verschwanden einige, um zu ruhen. Die einen nach Hause, ich so gegen 01:00h ins Zelt – auf eine Isomatte und in einen Schlafsack.

Ja liebe Kinder, ich hab tatsächlich so geschlafen!

Auch wenn der Schlafsack etwas eng im Kniebereich und die Matte etwas zu schmal für mich  ist: ich war so müde, da ich wunderbar einschalten konnte. So gegen halb vier wurde ich wach – das permanente “Venga! Venga!” eines Nachbarteams bei der Übergabe des Staffelstabes machte es nicht unbedingt leichter, wieder einzuschlafen. Kurz im Pavillon vorbei geschaut, alle noch frisch *lach*. Ganz vernünftig legte ich mich nach einem Abstecher in die Umkleide wieder hin. Kurz nach fünf war dann die Nacht für mich zu Ende.

Aufstehen, trockene Sachen (vor allem Socken) gesucht, was warmes getrunken und ne Kleinigkeit essen – meine zweite Stunde auf der Bahn begann. Dieses Mal anderes herum. Denn um 24:00h fand ein Richtungswechsel statt. Der Schlafmangel machte sich bemerkbar. Zu schnell laufen war an diesem Morgen gar nicht drin. 60 Minuten später ist auch diese Trainingseinheit beendet und ich gesellte mich zu den anderen in den Pavillon. Erst mal Frühstück.

Ein dickes Lob an den Veranstalter: es gab im Sportlerversorgungszelt tatsächlich eine Ecke mit veganem Essen! Eine Auswahl an Pflanzenmilch, verschiedene Aufstriche, Obst – ein prima Angebot. Und diese Energiebällchen waren einfach der Hammer. Dankeschön!

Nach und nach trudelten die “Daheimschläfer” auch wieder ein. Wir redeten über die Nacht, die anderen Teams, Ehrgeiz und sportliches Verhalten – und natürlich über Gott und die Welt.

copyright by Judith Riemer
copyright by Judith Reimer

 

Um elf machte sich dann auf dem Platz etwas Unruhe breit: die einen wollten noch unbedingt Runde um Runde schaffen, um ihr persönliches (Spenden)Ziel zu erreichen, die anderen sehnten mehr oder weniger da Ende herbei. Ganz besonders bestaunte ich die Einzelläufer, die zum Teil fast so viele Runden alleine liefen wie wir als Team. Haben die überhaupt geschlafen? Den einen oder anderen traf ich zwar mal vor dem Klo an… doch gefühlt waren die meisten davon ständig auf der Bahn.

Kurz vor zwölf reihten sich dann alle noch lauffähigen Turtlerunner hinter unserer aktuellen Läuferin ein…. was bei anderen Teams nicht unbedingt zur Entspannung beitrug. Ich gebe zu: Wir waren zu erleichtert, diese 24 Stunden geschafft zu haben… trotz diverser Ausfälle im Vorfeld und vor Ort. Gemeinsam haben wir es geschafft, als Slow Motion Team durch die 24 Stunden zu turteln. Denn auch wenn wir langsam sind – wir sind Läufer, wie ihr!

Noch ein kurzer Endspurt – in denkbar ungünstigster Beinkleidung. Die angefangenen Runde musste noch beendet werden, der Stab MUSSTE über die Linie getragen werden! Alle Teams liefen/gingen noch eine (oder zwei?) Ehrenrunde/n – auf der Ziellinie gab es neue Teamfotos und schon war es vorbei.

Das Abenteuer 24 Stunden Lauf in Rodgau.

486 Runden in 24 Stunden auf einer Bahn. Mit 9 aktiven Läufern zu beginn, mit sechsen am Ende. Schön wars.
Bei mir geblieben ist das Gefühl von einer bombastischen Klassenfahrt: unser Team passte zusammen wie … füreinander gemacht … ohne große Absprachen griff alles ineinander… der Humor der einzelnen ergänzte sich prima und auch verpflegungstechnisch eine Wellenlänge. Was kann schöner sein?

Die Planung für das zweite Wochenende im September 2015 läuft – denn eins ist sicher. Wir kommen wieder, keine Frage!

War es unvernünftig, doch zu fahren?
In Hinblick auf den Halbmarathon am 21.09.?

Ich kann es nicht sagen. Denn zu diesem  Zeitpunkt hatte ich bereits beschlossen, den HM in Fühlingen zwar anzutreten, aber mit der Vorgabe, nicht die zuerst angepeilte Pace von 7:00  und im Zweifel nicht die ganze Strecke zu laufen. Dieser Lauf wird als Trainingslauf für den neuen Termin am 12.10. beim Herzlauf in Hilden dienen.

Dennoch kann ich mich so gar nicht vom Gedanken befreien, mein Jahresziel nicht erreicht zu haben.

Vernünftig ist, sich nicht zu viel Druck zu machen. Die Dinge zu nehmen, wie sie sich anbieten. Daran arbeite ich. Auch wenns schwer fällt.

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Weitere Fotos findet ihr auf der Seite des Veranstaltung: www.24hlauf.de

 

 

 

 

 

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